Was Erbsen hören und wofür Kühe um die Wette laufen
Erbsen hören das Rauschen von Wasser. Ihre Wurzeln wachsen gezielt auf eine Wasserquelle hin. Andere Pflanzen reagieren ebenfalls auf bestimmte Töne, sie wachsen zum Beispiel schneller oder sind besser gegen Dürreperioden gewappnet. Wie ist das möglich? Pflanzen haben doch keine Ohren?
Pflanzen haben noch viel mehr verblüffende Talente. Eine Forscherin in Berlin untersucht zum Beispiel, wie eine Ulme ihren Frassfeind erkennt, lange bevor dieser sie attackiert. Doch woran erkennt die Ulme ihren zukünftigen Widersacher? Oder dies: Unter dem Boden bilden Buchen, Eschen, Föhren oder Eichen mit vielen verschiedenen Pilzarten eine grosse Lebensgemeinschaft: Sie tauschen untereinander Nährstoffe und sogar Informationen aus. In einem Wald bei Basel spazierten wir mit einer Forscherin über dieses umfangreiche unterirdische Netzsystem aus Wurzeln und Pilzen, das Wood Wide Web (WWW). Was bringt diese Gemeinschaft den WG-Mitgliedern und was kostet sie den einzelnen?
Auch die Beziehungsnetze von Tieren beeindrucken uns. Die Kuh, sagt uns ein Forscher, den wir auf einer Alp besuchen, hat eine starke Verbindung zu ihrer Umgebung und wählt ihr Menü in der Weide selber – wenn man sie lässt. Dabei zeigen sich individuelle Vorlieben: die eine bevorzugt Klee, die andere die Blüten des Sauerampfers. Ermöglicht der offenbar ausgeprägte Geschmacksinn den Tieren vielleicht jene intensiven Erlebnisse, die uns Menschen das Sehen und Hören geben? Falls ja, was verwehren wir den Kühen, wenn wir ihnen tagein tagaus den gleichen Einheitsbrei vorsetzen? Auch der Regenwurm ist ein Gourmet. Ohne den unter Tag arbeitenden Netzwerker gäbe es keine fruchtbaren Böden. Schon Charles Darwin, der den Regenwurm jahrzehntelang beobachtete, war von den Leistungen dieses scheuen Tiers tief gerührt.
Das ökologisch geprägte Weltbild beruht darauf, dass alles mit allem irgendwie vernetzt ist. In den letzten Jahren haben wir neue und faszinierende Einblicke in die unendlich komplexen und dynamischen Netzwerke bekommen, die das Leben ausmachen. Dieses Buch ist eine Fortsetzung der früheren Bücher. Es berichtet von Entdeckungen, die vor einigen Jahren noch als unmöglich galten.
Was aber bringt das Wissen, dass wir alle – Pflanze, Tier und Mensch – in koevolutionäre Prozesse eingebunden und in gegenseitigen Abhängigkeiten verstrickt sind? Was bedeutet dies konkret für die Landwirtschaft oder für uns Konsumentinnen und Konsumenten?
Weiter wie bisher ist keine Option. Dass die industrielle Landwirtschaft an ihre Grenzen stösst, zeigt sich besonders deutlich an der Massentierhaltung. Eine Richtungsänderung tut not. Doch dürfen wir Tiere überhaupt töten? Die beiden Autorinnen sind unterschiedlicher Meinung und legen ihre Sichtweisen dar.
Mit der Frage, wie eine Landwirtschaft von morgen aussehen könnte, reisten wir an die Loire in Frankreich und besuchten eine Mikrofarm, die eine immense Vielfalt an Gemüse, Obst und Kräutern auf kleinstem Raum anbaut, ökologisch – und rentabel. Sind vielleicht Mikrofarmen – statt Grossbetriebe – die Bauernhöfe der Zukunft? In Südkorea besuchten wir Hansalim, das weltweit grösste und erfolgreichste System einer solidarischen Landwirtschaft. Und von einem Schweizer Bauern wollten wir wissen, warum Hörner für Kühe so wichtig sind.
Ein renommierter Schweizer Ökonomieprofessor erklärt, was er vom derzeit umstrittenen Freihandel für Lebensmittel hält und zum Nachtisch erzählt eine buddhistische Nonne in Südkorea, die uns in die Köstlichkeiten der über tausend Jahre alten veganen Küche einführt, was sie mit der Aubergine verbindet.
Beziehungen, das zeigen diese Einblicke, sind der Boden von allem Lebendigen. Darin liegt die Zukunft, auch jene der Landwirtschaft.